Gestern habe ich einen sehr interessanten Bericht zum Thema „rationale und irrationale Ängste“ gesehen, wobei der krankhafte Bereich „Phobien“ nicht berücksichtigt worden ist.
Unter „rationalen Ängsten“ versteht man die Furcht vor Ereignissen, Situationen etc., die in der Realität auf- beziehungsweise eintreten können: Kriege, Arbeitslosigkeit, Armut, Krankheit, Einsamkeit. Alles schlimme Sachen, bei denen es absolut verständlich ist, dass Menschen sich vor ihnen fürchten. Weitaus weniger bedrückend erscheinen einem da die „irrationalen Ängste“. Diese können sich in Furcht vor gespenstern, Hexen oder Vampiren äußern; in Angst vor Dunkelheit oder vor (schwarzen) Katzen, vor Gewittern oder vor Silberfischen – die Liste ließe sich ewig fortsetzen.
Ich kann jeden Menschen verstehen, der sich vor – in Augen anderer lächerlichen – Dingen fürchtet, denn mir geht es ebenso. Während es sonst so gut wie gar nichts gibt, was mir Angst macht oder auch nur einen Schauder über den Rücken jagt, habe ich eine Achillesferse: Marienkäfer. Das ist kein Scherz; ich habe wirklich große Angst vor diesen Käfern. Nicht vor einem alleine; den trage ich durchaus nach draußen, wenn er sich in der Wohnung verirrt hat, und ich biete ihm auch gerne meinen Finger als Startrampe an. Wirklich kein Problem. Bei zwei Marienkäfern auf einmal fühle ich mich schon unbehaglich, und ab dreien – das geht gar nicht.
Seit dem erstmaligen Massenauftreten der asiatischen Art vor drei Jahren, bei dem sich spontan ein großes Rudel im Wohnzimmer eingenistet hatte, gerate ich regelrecht in Panik, wenn ich welche sehe. Oder höre. Habt Ihr schon mal darauf geachtet, wie laut die sind, wenn sie ihre Angriffsflüge starten? Wie Hubschrauber. Dummerweise waren in letzter Zeit die Medien voller Berichte über diese Käfer, die sich ein Winterquartier suchen. Die Vorstellung, sie könnten ihre Suche innerhalb meiner vier Wände erfolgreich abschließen und für mehrere Monate bleiben, beunruhigt mich zutiefst. Sorgfältig suche ich jeden Abend alle Ecken und mögliche Schlupflöcher ab, um eine mögliche Invasion im Keim zu ersticken. Bis jetzt war ich noch erfolgreich, aber die Angst hat mich fest im Griff.
Besonders im Dämmerlicht sieht jedes Schraubenköpfchen, jeder Trockenfutterkrümel und jeder Schatten an der Wand aus wie ein Marienkäfer. Ständig lausche ich im Dunkeln auf ein Rascheln oder ein ungewohntes Schaben, um dann blitzschnell das Licht anzumachen und erneut einen Kontrollgang zu starten. Albern, ich weiß, zumal ich ansonsten jedes Insekt inklusive Spinnen, Zecken und Würmern bedenkenlos in die Hand nehme und nicht einmal mit einer Wimper zucke. Mein Verstand sagt ja auch: „Ein Marienkäfer bedeutet keinerlei Gefahr; er kann und will dir nichts tun; im Gegenteil: er bringt Glück“. Ich weiß ja nicht einmal, was mir an diesen eigentlich hübsch aussehenden Käfern solche Angst macht. Doch ich weiß genau, was ich tun werde, sollte ich wieder solch ein Massenauftreten erleben müssen: laufen…
Um meine Ängste noch zu schüren, erzählt meine Mutter ganz entspannt von einem Marienkäfer, den sie in ihrem Schlafanzug hatte. Im Schlafanzug!!! Ich glaube, wenn mir das passieren würde, würde ich den nächsten Morgen nicht mehr erleben. Schock.
Wie ist das bei Euch so mit eigentlich albernen, irrationalen Ängsten?