Es gibt wirklichs ehr viele Erklärungen, was Halloween eigentlich ist. Allerdings sind diese oft ziemlich ungenau und geben kaum eine richtige Auskunft darüber. Ich möchte dies mit diesem Artikel nun ändern und einmal erklären, was Halloween eigentlich genau ist. Ich werde dies allerdings nicht selbst erklären, sondern verwende dafür einen Text der uns per Mail zur Verfügung gestellt wurde.
Vor einigen Tagen haben wir eine Mail von Rainer Beel erhalten. Dieser hatte mir seinen Text zur Veröffentlichung angeboten. Da ich den Artikel wirklich sehr sehr gut finde, möchte ich ihn hier nun veröffentlichen. An dieser Stelle bedanke ich mich noch einmal für die freundliche Unterstützung duch Rainer Beel.
Was schert uns Halloween?
Um es vorweg zu nehmen: eine Menge! Kaum war das vergessene Fest über die USA wieder in Deutschland angekommen, hagelte es Kritik. Es sei ein reines Kommerzfest, eine Ausrede für Vandalismus und eine Gefahr für den Reformationstag. Allerdings ist es so, dass die Kirche selbst den Reformationstag kaum noch begeht, allenfalls in Proklamationen, und Halloween viel mehr als nur nerviger Budenzauber ist. Das wiederentdeckte Fest hat eine soziale Funktion – wenn man sich darauf einläßt.
Was hat es überhaupt mit Halloween auf sich?
Seit über 1000 Jahren beginnt mit Halloween, dem Abend des 31. Oktobers, ein hoher christlicher Feiertag: Allerheiligen (1.November). Am 2. November folgt dann Allerseelen, der Tag, an dem für die Verstorbenen gebetet wird. Wie auch in anderen katholischen Ländern, glaubten die Menschen im mittelalterlichen England, dass die Toten zu dieser Zeit noch einmal für zwei oder drei Tage aus dem Fegefeuer zurückkehren würden, um in ihre Häuser zu gehen und Angehörige um deren Fürbitte zu ersuchen.
Anders als heute begann der neue Tag früher nicht um Mitternacht (0.00 Uhr), sondern abends. Aus diesem Grund kommt der Nikolaus noch heute vielerorts am Abend des 5. Dezembers. Auch dass das Weihnachtsfest mit dem Heiligen Abend beginnt, geht auf diese Tradition zurück. Das Wort ‚hallow‘ stammt vom altenglischen ‚halga‘ (Heiliger) ab und steht in ‚Halloween‘ für ‚halig‘ (heilig). E’en, verwandt mit dem althochdeutschen ‚aband‘, ist der Abschluss des Tages und Vorabend eines Feiertages.
Kein Totengott
Häufig liest man, dass Halloween auf ein heidnisches Totenfest der Kelten, verwandt mit dem irischen und schottischen Samhain (Ende des Sommers), zurückgehe. Historisch oder archaeologisch gibt es allerdings keinen Hinweis darauf, dass Halloween in vorchristlicher Zeit ein Totenfest war, oder dass an diesem Tag heidnische Kulthandlungen begangen wurden. Auch ein keltischer Totengott namens „Samhain“ ist unbekannt. Belegt sind die Namen von ungefähr 350 keltischen Gottheiten. Ein „Sam Hain“ gehört nicht dazu.
Geister, Hexen und Feen
Erst seit dem 19. und verstärkt seit dem 20. Jahrhundert hat sich Halloween den Ruf erworben, eine Nacht zu sein, in der Geister, Hexen und Feen besonders aktiv sind. In alten angelsächsischen Texten wird der 1. November nirgendwo erwähnt. Bede notiert, dass der November ‚Blod-monath‘ (Blutmonat) genannt wurde, da man im November überzähliges Vieh schlachtete, um Futter zu sparen und Opfer darzubringen, nennt aber kein spezielles Datum. Auch vom Mittelalter bis zum 19. Jahrhundert gibt es kein Anzeichen dafür, dass man Halloween in England als etwas anderes als den Abend betrachtete, an dem die Glocken den Gedenktag der Heiligen einläuteten.
Rübengeister und Kostümparties
In Grossbritannien kennt man Halloween auch als ‚Nut-Crack Night‘, denn Äpfel und Nüsse, die zu dieser Zeit überall zu haben sind, spielten eine grosse Rolle an Halloween: Junge Leute legten jeweils zwei Nüsse, denen sie ihre eigenen und die Namen Ihrer Traumpartner gaben, nebeneinander ins Feuer, um zu sehen, ob sie explodierten oder nicht. Ein lauter Knall versprach dabei die grosse Liebe. Äpfel kamen in vielen alten Spielen, von denen manche auch heute wieder auf Kinderfesten zu sehen sind, vor. Die Spieler mussten versuchen, im Wasser schwimmende oder an Seilen hängende Äpfel mit ihren Zähnen zu greifen.
Während schottische Kinder verkleidet von Tür zu Tür zogen, veranstalteten englische zu Hause Kostümparties. Zu den uralten Halloweenbräuchen gehört auch das Erschrecken der Leute mit einer ausgehöhlten Kohl- oder Steckrübe, in die ein schauriges Gesicht geschnitzt und eine brennende Kerzen gestellt wird. In Amerika nimmt man statt einer Rübe lieber einen Kürbis: Jack o´ Lantern. Der gute Jack ist eigentlich ein Will-o´-the-Wisp – so bezeichnet man in England die flackernden, verschwommen Lichter, die man gelegentlich in sumpfigen Gegenden sieht.
Respektlosigkeit gegenüber dem Tod
Halloween ist eines der ganz wenigen christlichen Feste, deren Popularität in den letzten Jahren nicht ab-, sondern zugenommen hat. Wer sich zu Halloween als Skelett oder Geist verkleidet, erinnert einerseits an die, die uns – wie es auf Beerdigungen immer so schön heisst – im Tod vorausgegangen sind und demonstriert andererseits eine gehörige Portion Respektlosigkeit, gegenüber dem Tod, der durch die unendliche Liebe Gottes seine Gewalt über uns verloren hat. »Tod, wo ist dein Stachel? Totenreich, wo ist dein Sieg?» (1Kor 15,54-55). Das ist die Halloweenbotschaft. Der 31. Oktober ist also kein Festtag des Satans und der Hexerei, sondern eine Verulkung beider. Auf den Parties am Vorabend des Allerheiligentages finden keine diabolischen Orgien statt, sondern wird ausgelassen gefeiert, sich gegruselt und damit aller höllischen Miesepeterei ein echtes Schnippchen geschlagen.
Halloween ist ein Fest der Phantasie. Hier der Geruch von Schminke, dort der Geschmack von Karamell; überall Kinder und Erwachsene, die ihre Träume feiern und ihre Albträume zum Vorschein bringen.
Soziale Funktion
Die Verteufelung des wiederentdeckten Fests durch die Kirche ist nicht nur missraten, sondern offenbart darüberhinaus etwas herzergreifend Naives. Man glaubt ganz offensichtlich den Teufel abwehren zu können, indem man finster dreinschauende Kürbisfratzen verbannt und bunte Papierhexen zerreist. Dazu kommt, dass die Kirche in ihrem Zorn die soziale Funktion des Festes völlig verkennt. Tatsächlich würde mittlerweile etwas verloren gehen, wenn Halloween plötzlich aus dem Kalender verschwände, denn heute wachsen auch in ländlichen Regionen Kinder auf, ohne die Namen der unmittelbaren Nachbarn zu kennen. Ganz allgemein entfremden sich die Leute voneinander, aber für Kinder ist das besonders schlimm, weil sie hören, dass man mit Fremden nicht sprechen soll. Umgekehrt kommen viele Erwachsene, die selber keine Kinder haben, so gut gut nie mit Kindern in Berührung. Die Folge ist Mißtrauen auf beiden Seiten. Durch das Halloweenfest kann dieses Mißtrauen ausgetrieben werden. Das Trick or treat an Halloween ist keine Bedrohung, und vor der Tür stehen keine Übeltäter. Das Trick or treat kommt von bunt gekleideten Kindern, die an fremde Türen klopfen, obwohl ihnen dabei mulmig ist. So gesehen ist das Trick or treat eine Einladung, Ängste zu überwinden und sich ein bisschen weniger fremd zu werden.
Rainer Beel, Jahrgang 1966, Theologe und Pädagoge