Wohl jedem ist die Krankheit „Burnout“ inzwischen ein Begriff. Spätestens seit Ralf Rangnick oder auch Markus Miller sich öffentlich zu ihr bekannten, wissen wohl alle, dass es sich hierbei um einen Zustand geistiger und körperlicher Erschöpfung handelt.
Weitaus weniger bekannt, aber dennoch nicht weniger unangenehm für die Betroffenen ist das sogenannte „Boreout“ (boring = lamgweilig), dass quasi als Gegenteil zum Burnout angesehen werden kann: Stress durch Langeweile.
Klingt im ersten Moment ein wenig lächerlich, weil es schwer vorstellbar ist, dass man vor Langeweile in Stress gerät. Ist aber tatsächlich so. Dieser sogenannte „negative Stress“ entsteht durch Unterforderung beziehungsweise Unzufriedenheit mit dem eigenen Arbeitsplatz. Die Betroffenen sind müde, lustlos, frustriert und gereizt. Neben diesen psychischen kommen auch noch physische Symptome hinzu: Schlaflosigkeit, Tinnitus, Magenschmerzen, Kopf- oder Rückenschmerzen, Muskelzucken. Viele Betroffene schämen sich auch, ihre Unzufriedenheit zuzugeben, weil sie a) Angst um ihren Arbeitsplatz haben und b) fürchten, nicht ernst genommen zu werden.
Gerade heutzutage, wo jeder nur Leistung bringen möchte (und muss) ist es ja auch verständlicherweise etwas peinlich, zuzugeben, dass man nicht genug zu tun hat. Das kann ich vollkommen verstehen. Vor Jahren musste ich mal in einer Bäckereifiliale arbeiten, in der pro Schicht (sieben Stunden) maximal 25 Kunden kamen – und das an guten Tagen!!! Ein Alptraum an Langeweile für mich, aber niemand, dem ich davon erzählt habe, konnte mich verstehen. Im Gegenteil: Sprüche wie „freu dich doch, dass du nichts zu tun hast“ oder „so gut möchte ich es auch mal haben, mein Geld mit Nichtstun zu verdienen“ waren an der Tagesordnung. Für mich war die Zeit dort die reinste Hölle, auch körperlich, und von daher würde ich niemals über Menschen lachen, die ähnliches erleben. Denn belächelt werden vom Boreout Betroffene leider oft, obwohl dieses Syndrom genauso schlimm wie Burnout ist.
Im Laufe der letzten Jahre rückte diese Erscheinung immer mehr in den Fokus der Öffentlichkeit. Die Autoren Philippe Rothlin und Peter R. Werder veröffentlichten 2007 ihr Werk „Diagnose Boreout“, welches für zwei Wirtschaftsbuchpreise nominiert worden war. Auch Studien von Dan Malachowski, The Gallup Organisation und Kelly Services belegen, dass es sich um ein durchaus ernstzunehmendes Krankheitsbild handelt. Doch viele Kritiker tun dies mit Bemerkungen wie „es wird etwas völlig Normales als krankhafte Erscheinung präsentiert“ ab. Schade. Ihnen würde ich empfehlen, sich mal einen Monat in besagte Bäckerfiliale zu stellen. Wenn sie danach keinerlei boreoutverdächtigen Symptome haben sollten –chapeau. Falls doch, vielleicht überdenken sie dann ihre Einstellung…