Neulich zappte ich unbeschwert und nichts Böses ahnend durch diverse Fernsehkanäle und habe mich plötzlich tödlich erschrocken: auf einer Bühne stand Thomas Anders und trällerte ein Liedchen. Mit genauso einer dünnen Stimme und den gleichen hölzernen Bewegungen, wie ich ihn in Erinnerung hatte.
Da frage ich mich doch, ob es wirklich sein muss, dass dieser Mensch wieder in der Öffentlichkeit herumturnt. Als Teil von Modern Talking musste man ihn ja zwangsläufig ertragen, obwohl ich manchmal das Bedürfnis hatte, ihn mit seinem gigantischen Nora-Anhänger zu erdrosseln. Doch während sein ehemaliger Duettpartner Dieter Bohlen im Laufe der Jahre Kult geworden ist, war es in der Vergangenheit recht ruhig um Herrn Anders geworden – zumindest in Deutschland. In Russland und der Türkei hat er aber offenbar Anhänger seiner Musik gefunden; jedenfalls waren seine Singles in den dortigen Charts ziemlich weit oben. Wenn es nach mir gegangen wäre, hätte er dort bleiben können. Doch er kehrte im Mai dieses Jahres auf die deutschen Bühnen zurück, und zwar mit einer Single, die „Gigolo“ heißt. Ich hoffe sehr für ihn, dass sich dieser Titel nicht auf ihn selbst beziehen soll. Seine geleckten Haare vermitteln zwar rein optisch den Eindruck eines Gigolos, aber dafür mangelt es an einem anderen Talent, dass für einen Eintänzer nicht ganz unerheblich ist: er muss tanzen können, und mit Tanz haben die Bewegungen von Thomes Anders herzlich wenig gemeinsam.
Wenn ich mir vorstelle, dass er gerade mal 48 Jahre alt ist, wird mir ganz komisch zumute. Seine Trippelschrittchen und müden Beinbewegungen lasen eher auf einen Arthritis geplagten Greis schließen, als auf einen Mann in den besten Jahren. Ich war richtiggehend beschämt über seine Bemühungen, Spaß und Freude an der Musik zu vermitteln. Glücklicherweise war sein Liedchen zu Ende, bevor jemand auf die Idee kam, ihn von der Bühne zu tragen. Obwohl ich Herrn Anders schon immer ausgesprochen unsympathisch fand, tat er mir fast schon ein wenig leid, denn als „frenetisch“ konnte man den ihm entgegengebrachten Applaus in keiner Weise bezeichnen.
Wie bei vielen anderen ehemaligen Stars (obwohl sich alles in mir sträubt, ihn als solchen zu bezeichnen) stellt sich mir die Frage, warum es Thomas Anders immer wieder auf die Bühne zurückzieht. Geld hat er sicher genug; dank seiner Erfolge als Teil von Modern Talking zählt er zu den kommerziell erfolgreichsten Sängern in Deutschland. Brauchen Menschen wie er das Rampenlicht, um glücklich zu sein? Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass ich persönlich glücklicher wäre, ihn nicht mehr sehen oder hören zu müssen.